Projekt

Der Wettbewerbssieger Marte.Marte war leider nicht zu einem Gespräch bereit, wie auch die Verantwortlichen von Seiten des Auslobers, des Bundesministeriums für Inneres und der Bundesimmobiliengesellschaft. Ungeachtet des Projekts nehmen Marte.Marte nach eigener Aussage grundsätzlich keine Interviewanfragen an, da sich das Büro „dem Bauen und somit dem Schaffen von neuer Architektur selbst widmen möcht[e].“

Das Bundesministerium für Inneres verwies auf deren Öffentlichkeitsarbeit zu den unterschiedlichen Projektphasen: Hitlergeburtshaus: Innenminister Peschorn hat über die Umgestaltung und Nutzung entschieden (2019), Nehammer präsentiert Sieger des Architekturwettbewerbs Hitler-Geburtshaus-Umbau (2020), sowie auf die parlamentarische Anfragen bzw. Anfragebeantwortungen: 109/J (XXVII. GP) - Hitler Geburtshaus in Braunau | Parlament Österreich (2019), 17/AB XXVII. GP - Anfragebeantwortung (2019).

Die Bundesimmobiliengesellschaft verwies wiederum auf das Bundesministerium für Inneres, dessen Zustimmung für ein Interview ausblieb, stattdessen wurde wiederholt auf die Pressearbeit des BMI verwiesen.

Die Gesprächsreihe wurde via Zoom geführt; gekürzte Fassungen der Interviews werden hier von Daniela Mehlich, Linda Lackner, Anna Paul und Sophia Walk herausgegeben. Kontextualisiert wird die Gesprächsreihe durch ein kuratiertes, chronologisches Archiv von öffentlich zugänglichen Dokumenten, um eine informierte Debatte der Geschehnisse rund um den Architekturwettbewerb zu ermöglichen.

Initiative

Neben der Motivation, die Ergebnisse des Architekturwettbewerbs außerhalb des Fachkreises zur Debatte zu stellen, war unsere zentrale Frage: was bedeutet es, wenn im Jahr 2023 das Haus, in dem Hitler geboren wurde, neutralisiert wird – wie durch das Siegerprojekt von Marte.Marte exerziert? 

Die Gesprächsreihe ist aus dem Interesse entstanden, Antworten auf diese Frage zu finden und noch viele weitere zu stellen: Können wir als Architekt:innen dieser (baulichen) Beseitigung von Erinnerung zustimmen? Ist die fiktive Rekonstruktion eines Biedermeierhauses die Lösung? Stellt die Nutzung als Polizeistation wirklich den historisch korrekten Umgang mit dem Gebäude dar? Kann das Einberufen einen parteiischen Kommission eine breite Debatte ersetzen? Ist die absurde Idee des Wettbewerbs, ein Haus verschwinden lassen zu können, schon gescheitert, indem der Mahnstein vor dem Haus verbleibt? Kann ein derart komplexes Thema überhaupt zu Ende gebracht werden?

Unter diesen Fragestellungen haben wir zur Publikation der Gesprächsreihe und Diskussion zum Umgang mit dem Geburtshaus eingeladen:

Gebaute Verdrängung?
Publikation und Diskussion
15. März 2023, 18:30 Uhr im MAK Vortragssaal
MAK – Museum für angewandte Kunst, Eingang Weiskirchnerstraße

Nach Vorstellung der digitalen Publikation hat der Verein DA zur Diskussion mit Expert:innen geladen, die den Diskurs um die Umgestaltung des Gebäudes erneut öffnen und als alternative Kommission mögliche Zukünfte formulieren.

Panel
  • Inge Manka, Architektin
  • Florian Kotanko, Historiker
  • Elke Krasny, Kulturtheoretikerin
  • Laura Langeder, Historikerin
  • Nora Sternfeld, Kunstvermittlerin
  • Florian Wenninger, Historiker
  • Vertreter:in Innenministerium (angefragt)

DA – Diskurs Architektur
Der Verein zur Förderung von Diskurs in der Architektur (DA) wurde von den Architektinnen Laura Amann, Teresa Klestorfer, Daniela Mehlich, Linda Lackner, Anna Paul und Sophia Walk 2020 mit dem Interesse gegründet, die Debatte um den (baulichen) Umgang mit dem Haus, in dem Adolf Hitler geboren wurde, zu öffnen.

Publikation
Gebaute Verdrängung? Kritische Nachbesprechung zum Architekturwettbewerb für eine Polizeistation Im Geburtshaus von Adolf Hitler, 2023
Hrsg. Linda Lackner, Daniela Mehlich, Anna Paul und Sophia Walk